Zum Herbstanfang Nebelbilder

21.09.2016     2 Kommentare

Morgen beginnt der Herbst. Von allen Jahreszeiten gefällt er mir am besten. Die Sommerhitze verschwindet und die unangenehme Kälte des Winters ist noch nicht da. In der farbenfrohen Übergangzeit bieten sich einzigartige Fotomotive. Aber nicht nur das. Auch ein andere Extrem hat der Herbst in seinem Portfolio. Nebelstimmungen in Grau mit kaum wahrnehmbaren Farbschattierungen.

Nr. 8 fehlt im Nebel #1 / 2015

Nr. 8 fehlt im Nebel #1 / 2015

Ich fotografierte Ruderer auf der Flensburger Förde. Sie beugten sich vor, tauchten die Ruderblätter ins Wasser und legten sich ins Zeug, um das Boot anzutreiben. Nur der Steuermann saß ganz entspannt, musste sich aber mit Mütze und langer Jacke vor der Kälte schützen.

Als ich die Fotos am PC sichtete, fiel mir auf, dass in dem Achter mit Steuermann ein Ruderer fehlte. Dem war es wohl im Nebel zu ungemütlich? Obwohl das Bild diesen Eindruck vermittelt, war es aber nicht so. Das Originalfoto hatte ich im Frühjahr um die Mittagszeit bei klarer Sicht aufgenommen. Den Nebel generierte ich am PC.

Um den Nebeleffekt zu erzielen, musste ich den Tonwertumfang einschränken und die hellen sowie dunklen Bereiche entfernen. Auch die Farbdynamik habe ich stark reduziert. Um das Bild nicht zu langweilig wirken zu lassen, fügte ich die Sonne und eine entsprechende Spiegelung ein.

Das sind Bearbeitungen in Photoshop, die mir eigentlich widerstreben. Da müht man sich ab, mit der Kamera eine hohe Qualität der Aufnahme zu erreichen und dann vernichtet man am PC die guten Eigenschaften. Auch in anderen Situationen geht es mir ähnlich. Wenn ich beispielsweise den Schärfenbereich im Hintergrund eines Bildes am PC vergrößere und die Unschärfe steigere, um eine bessere Tiefenwirkung zu erreichen, entschuldige ich mich fast beim Bild, weil ich die wertvollen Schärfedaten zerstöre. Aber die optische Wirkung gibt letztlich den Ausschlag.

Andererseits bin ich immer wieder irritiert, wenn Hobbyfotografen mit Highend-Kameras superscharfe Fotos erstellen, bei denen auch die hellsten und dunkelsten Bereiche noch strukturiert sind, um sich dann am PC mit artifizieller Unschärfe in einen Künstler zu verwandeln. Aus meiner Sicht sollte man die Stärken des jeweiligen Mediums nutzen, in der Fotografie also die technisch perfekte Wiedergabe der Lichtreflexion. Abstrakte Darstellungen muss man Malern und Grafikern überlassen. Ich finde es unangebracht, wenn Amateurfotografen künstlerische Techniken nachahmen.

Beim Bild der Ruderer muss ich die fototechnische Reduzierung der Qualität wohl akzeptieren, da diese Veränderung der Natur nachempfunden ist. Ich habe den Nebeleffekt bei einem weiteren Foto angewendet. Den Raddampfer fotografierte ich im Juni 2014 bei einer Radtour an der Schlei in Schleswig-Holstein.

Raddampfer im Nebel / 2014

Raddampfer im Nebel / 2014

Zum Zeitpunkt der Aufnahme war die Sonne von den Wolken verdeckt. Da es also keine harten Schatten gab, eignete sich das Foto für eine Umwandlung in ein Nebelbild.

Genau genommen handelt es sich wohl um ein Bild mit Dunstschwaden, da nach Wikipedia Nebel bei einer Sicht von weniger als einem Kilometer auftritt und es sich bei einer Sicht bis zu vier Kilometer um Dunst handelt. Egal.

Aber es gab einen weiteren guten Grund für eine Umwidmung des Fotos: Das Originalbild hatte keine ausreichende Schärfe. Wie war das noch? Schön, wenn man aus der Not eine Tugend machen kann.

Kommentare

  • Günther Keil

    15.11.2016, 13:57 Uhr

    Es irritiert mich nicht, mit meiner High-End-Kamera knackscharfe Bilder zu machen, um sie, wenn mir der Sinn danach ist, in abstrakte Bilder zu verfremden. Die Kamera liefert mir das Ausgangsmaterial und sollte möglichst viele Optionen für die Arbeit am PC offen lassen.

    Es zählt für mich immer die Bildidee und die Auseinandersetzung mit ihr. Alles ist zulässig.


    • L.Wiese

      15.11.2016, 18:01 Uhr

      Wow, der erste Kommentar in meinem Blog. Danke.
      Deine Begründung ist rational und folgerichtig. Rein logisch kann ich dagegen nicht argumentieren. Das Ergebnis allein zählt und der Weg ist irrelevant.
      Aus meiner sehr persönlichen Sicht: Es widerstrebt mir technisch aufwändig etwas zu erarbeiten, um es anschließend teilweise zu zerstören. Dann kann man doch gleich mit passenderen Kameras arbeiten. Außerdem fällt mir bei vielen Amateurfotografen auf, dass sie meinen sie würden mit wenigen Klicks in Sekunden Kunstwerke schaffen.


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