Bin ich ein Fotobild-Designer oder ein Naturfotograf?

30.11.2017     Kommentare geschlossen

Die Metallgestänge wirken aus der Ferne wie ein riesiges Dach. Darauf müsste man nur noch eine Plane montieren und fertig wäre eine gigantische Werkshalle. Aus der Nähe sehe ich dann Obstbäume unter den Metallkonstruktionen, die wie Kleiderbügel aussehen. So habe ich mir das Alte Land bei Hamburg nicht vorgestellt. Die Bilder auf den Ansichtskarten versprechen immer ein Blütenmeer von Obstbäumen. Wir sind wohl Ende April etwas zu früh und zu der Jahreszeit ist die Natur vor lauter Technik kaum zu erkennen.

Kleiderbügel

Kleiderbügel

Ich fotografiere diese merkwürdigen Kleiderbügel, die wohl später mit Netzen bespannt werden, um Vögel fern zu halten. Eines der Fotos reiche ich beim Licher Fotopreis „Mensch und Natur“ ein. Eine wichtige Bedingung bei dem Wettbewerb ist die Einschränkung der digitalen Bearbeitung auf „übliche Qualitätsoptimierungen“. Damit werden die extremen Anforderungen der dogmatischen Naturfotografen zwar nicht erreicht, aber die Regeln schränken meine übliche Arbeitsweise doch ein. Ich füge mich den Bedingungen, um an dem renommierten Wettbewerb teilnehmen zu können. Bin ich damit fast ein Naturfotograf oder doch  eher ein Fotobild-Designer?

Beim Licher Fotopreis „Mensch und Natur“ hatte ich meinen ersten Erfolg bei einem Fotowettbewerb. Aus über 1.600 Einreichungen wählte die Jury das Foto „Naturkleid“ für eine Wanderausstellung aus. Fünfzig prämierte Fotos gingen in den Jahren 2009 und 2010 in Hessen auf die Reise.

Naturkleid

Naturkleid

In dieser Zeit probierte ich verschiedene fotografische Ausrichtungen. Ich hatte noch keinen eigenen Stil und machte die ersten Schritte bei Fotomontagen. Und dann dieses  Anfängerglück beim Licher Fotopreis. Wir machten einen Kurzurlaub in der Nähe von Frankfurt. Die Feier zur Ausstellungseröffnung gefiel uns. Leider war es Ende Oktober schon recht ungemütlich.

Obwohl ich meine Arbeitsweise immer stärker auf digitale Bildbearbeitung und – montage ausrichtete, nahm ich noch einige Male am Licher Fotopreis teil. Im vorigen Jahr klappte es dann zum zweiten Mal. Die Jury wählte das Foto „Kleiderbügel“ für die Wanderausstellung aus.

Vor zwei Monaten machten wir wieder einen Kurzurlaub in Frankfurt. Anlass war eine Ausstellungseröffnung für Bilder in einer ganz anderen Art. Ich hatte den 2. Platz des Adobe Stock Sonderpreises im Rahmen des DOCMA Awards erreicht. In den Wettbewerbsbedingungen waren einige Fotos vorgegeben, die man zu einer Fotomontage kombinieren sollte.

Mein Bild „Klimawandel“ zeigt einen Naturschützer, der vor einem Wald von Kakteen ein Interview gibt.  In meinem Blogbeitrag vom 04.10.17 gibt es weitere Erklärungen zu dem Bild und zur Ausstellung (zum Beitrag). Die Bilder dieses Wettbewerbs stehen in einem extremen Gegensatz zu den Fotos, die beim Licher Fotopreis prämiert werden.

Klimawandel

Klimawandel

Verzettel ich mich nicht, wenn ich mich an derart unterschiedlichen Bildern versuche? In welche Richtung will ich mich denn nun weiterentwickeln? Für mich ist der Schwerpunkt seit einiger Zeit klar. Ich möchte genau die Bildaussage realisieren, die mit vorschwebt. Das kann ich mit einer Kombination von einzelnen Fotos in einer Montage besser realisieren als mit dem Produkt der Kamera. Am Licher Fotopreis habe ich mich wohl aus der Erinnerung an meinen ersten Erfolg beteiligt, sozusagen aus Nostalgiegründen.

Ich bin also eher ein Fotobild-Designer und kein Naturfotograf. Fotobild-Designer? Was ist das denn? Es gibt anscheinend keine allgemein verbreitete Tätigkeitsbezeichnung für die Ersteller von Fotomontagen. Der Herausgeber der Zeitschrift DOCMA stellte im Blog die Frage, wie sich die Leser selbst sehen. Sind sie kreative Fotografen, Bildbearbeiter, Fotodesigner, Fotografiker, Digital Artists oder was? Im Blog gab es keine eindeutige Antwort (zum Beitrag). Ich versuche es einfach mal mit der Bezeichnung Fotobild-Designer.

Nachdem unser erster Eindruck vom Alten Land wegen der industriellen Obstproduktion recht ernüchternd war, haben wir dann doch noch sehr schöne Ecken entdeckt. Von den Dämmen und Deichen konnten wir ins weite Land schauen: mächtige Fachwerkhäuser, aufwändig restaurierte Windmühlen, viele Kanäle mit historischen Brücken …